Kurzbeschreibung
Nach dem Tod ihres Vaters hat die 18-jährige India Stoker ihren einzigen emotionalen Bezugspunkt verloren. Gegenüber ihrer Mutter verhält sie sich so abweisend wie jene zuletzt gegenüber ihrem Ehemann. Als Indias Onkel Charlie, der bisher in der Familie ein Unbekannter war, plötzlich erscheint, verschärfen sich die Spannungen zwischen Mutter und Tochter. Denn Charlie wirft mit seinem provokanten Charme ein großes Netz der Verführung aus und scheint genau zu wissen, dass ihn mit India mehr als Blutsbande verbinden.

Movieman.de
REVIEW: Wenn das Leben dir das Liebste auf Erden nimmt und die Seele an der Trauer erkrankt, entwickelt sich in der Einsamkeit eine unerklärliche Faszination für das Morbide. Ungeachtet der dadurch resultierenden Folgen bewegt sich die Welt auf den Abgrund zu, wenn niemand zur Hilfe eilt.Bereits in Tim Burtons Alice im Wunderland glänzte Mia Wasikowska durch ihre in sich gekehrte Persönlichkeit, die mit einem Hang zur Absonderlichkeit dem Leben trotzte. Auch in Park Chan-wooks (Oldboy) Hollywood-Debüt verkörpert sie eine junge Frau, die an der Last des Schicksals zu zerbrechen droht. Erst durch den plötzlichen Einzug ihres unbekannten Onkels Charlie (Matthew Goode) gelingt der introvertierten Teenagerin India der Ausbruch aus der Melancholie. In einer eigenen Welt gefangen, in der scheinbar unwichtige Kleinigkeiten eine unbeschreibliche Bedeutsamkeit erfahren, wächst India zu einer bemerkenswerten Persönlichkeit heran. Auch Charlies Figur wird von einer ausgeprägten Mystik umgeben, die für das Publikum spürbar, aber erst im letzten Drittel des Films auch greifbar wird. Seine wechselhafte Präsenz zwischen Mentor, Liebhaber und Seelenverwandter ist faszinierend und verdeutlicht, wie ein einziger Mensch sich allein durch sein Verhalten verändern kann.Wie bereits in seine Rachetrilogie Sympathy for Mr. Vengeance, Oldboy und Lady Vengeance spielt Chan-wook mit bewusst stilisierten Persönlichkeiten. Anmutig, widerspenstig, unberechenbar und bis ins Äußerste brutal, agieren seine Figuren auch im aktuellen Thriller Stoker. Das morbide Drehbuch, das 2010 auf der Black List der besten unproduzierten Geschichten Hollywoods zu finden war, stammt von Prison Break-Hauptdarsteller Wentworth Miller, der das Skript unter einem Pseudonym verfasste. Dem Schauspieler ist es mit seinem Erstlingswerk gelungen, seelisch verkümmerte Figuren mit einem schwarzmalerischen Blick auf das Leben zu skizzieren.Das Publikum wird gefesselt durch die Kombination des unfassbar faszinierenden und zugleich erschreckenden Gothic-Thrillers mit Elementen eines ungewöhnlichen Coming-Of-Age-Dramas. Die Spannung ist fast während der gesamten Laufzeit greifbar nahe und wird von der Musik von Clint Mansell verdeutlicht. Die Kulisse auf engstem Raum fügt sich perfekt in diese düstere Stimmung ein. Nahezu träumerische Bildkompositionen von Kameramann Chung-hoon Chung (Lady Vengeance) tragen die innere Gefühlswelt der Hauptfigur ins äußerliche Bewusstsein. Ausgefallene Kamerawinkel und lange Einstellungen erzeugen eine grandiose Bildsprache, dank der die Dialoge in vielen Sequenzen zur Nebensache werden. Die Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit offenbart ein dunkles Familiengeheimnis, das nahezu beängstigend wirkt und sich erst im Laufe der Handlung von selbst erklärt.Matthew Goode (Watchmen Die Wächter) und Mia Wasikowska (Jane Eyre) entsprechen sich mit ihren Figuren. Von dem anfänglichen Misstrauen, über pure Faszination bis zur unbändigen Rache agieren die beiden als ungleiches Paar, das ihre Entsprechung im Seelischen sowie Physischen findet. Oscar-Preisträgerin Nicole Kidman (Moulin Rouge) erscheint hingegen als unterkühlte Schönheit, die als bloßes Abziehbild einer emotional ausgehungerten Witwe in Szene gesetzt wird. Fazit: Ein verstörend schöner Thriller, der mit einer grandiosen Hauptdarstellerin und einer bemerkenswerten Bildsprache für faszinierende Spannung sorgt!